Zen-Geschichten

In der Zen-Literatur gibt es eine Fülle kleiner, metaphorisch hinweisender Geschichten. Sie hebeln unseren oft analytisch bewertenden Verstand auf freundliche Art und Weise aus, und leiten den Leser oder Zuhörer oftmals in eine gefühlte Erfahrung, was wesentlich wichtiger ist, als alles intellektuelle Verstehen.
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Während er die Versammlungshalle betrat, sagte Meister Huangbo: „Der Besitz vieler Arten von Kenntnissen lässt sich nicht mit dem Aufgeben der Suche nach irgend etwas vergleichen. Das ist das Beste aller Dinge. Es gibt nicht verschiedene Arten von Geist, und es gibt keine Lehre, die in Worte gefasst werden kann. Da nichts weiter zu sagen ist, ist die Versammlung geschlossen“
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Der Schüler befragt seinen Meister: „Meister, woher kommen die Berge? Woher die Meere, der Himmel, und die Sonne?“ Der Meister entgegnet: „Schüler, woher kommt deine Frage?“
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Hyakujo hatte so viele Schüler, dass er ein neues Kloster eröffnen musste. Um einen geeigneten Verwalter zu finden, rief er die Mönche zusammen, stellte einen Wasserkrug vor sie hin und sagte:
„Sagt mir, was das ist, ohne es einen Wasserkrug zu nennen“. Der erste der Mönche sagte: „Man kann es doch nicht ‚Holzklotz‘ nennen.“ Daraufhin stieß der Koch des Klosters den Krug um und ging. Er wurde der Verwalter des Klosters.
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„Wenn in einem menschenleeren Wald ein Ast bricht, gibt es dann ein Geräusch?“
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Einst richtete ein Mönch an Joshu eine Bitte. Er sagte: „Ich bin gerade in das Kloster eingetreten. Ich bitte dich, Meister, unterweise mich“. Joshu erwiderte: „Hast du gefrühstückt?“. „Jawohl“ antwortete der Mönch. „Dann geh deine Essschale abwaschen“ sagte Joshu.
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Ein Schüler fragte seinen Lehrer Nanjuan: „Hatten die Weisen der Vergangenheit irgendeine geheime Lehre, die ich noch nicht kenne?“. „Ja“ sagte Nanjuan. „Und wie lautet sie?“ fragte der Schüler. „Es gibt keine geheime Lehre. Alles ist offenbar“.
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Ein Zen-Schüler beklagte sich bei seinem Meister: „Ich fühle mich an das Hier und Jetzt gefesselt“.
Der Meister fragte: „Wer oder was bindet dich?“ Der nach Befreiung Strebende antwortete: „Im Grunde nichts und niemand“. Der Zen-Meister schüttelte den Kopf: „Warum dann nach Befreiung streben?“
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Ein Mönch fragte: „Was ist an den Erscheinungen denn nun wahr?“. Der Meister antwortete: „Erscheinung ist Wahrheit, Wahrheit ist Erscheinung“. Der Mönch fragte: „Wo offenbart sich das?“
„Hier“ sagte der Meister, und hob das Teebrett.
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Der Zenmeister Hakuin wurde von seinen Nachbarn verehrt, weil er ein reines Leben führte.
Eines Tages wurde ein schönes Mädchen, das nicht weit von Hakuin wohnte, schwanger. Ihre Eltern waren sehr zornig. Zuerst wollte das Mädchen nicht sagen, mit wem sie sich eingelassen hatte, aber sie setzten ihr solange zu, bis sie Hakuin nannte. Wütend gingen die Eltern zu Hakuin, doch alles, was er sagte, war: „Ach, wirklich?“.
Nachdem das Kind geboren war, brachte man es zu Hakuin, der sehr gut für es sorgte. Milch, Nahrung, und alles, was das Kind sonst noch brauchte, erhielt er von seinen Nachbarn.
Ein Jahr später hielt die junge Mutter es nicht mehr aus, und sie gestand ihren Eltern die Wahrheit: Der Vater des Kindes war ein junger Mann, der auf dem Fischmarkt arbeitete.
Die Eltern gingen sofort zu Hakuin, um ihn zu unterrichten und das Kind zurückzuholen. Sie entschuldigten sich überschwänglich und baten um Verzeihung. Hakuin hörte sie an, gab ihnen bereitwillig das Kind und sagte dann: „Ach, wirklich?“
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Nan-in, ein japanischer Meister der Meiji-Zeit (1868-1912) empfing den Besuch eines Universitätsprofessors, der etwas über Zen erfahren wollte. Nan-in servierte Tee. Er goß die Tasse seines Besuchers voll und hörte nicht auf, weiterzugießen. Der Professor beobachtete das Überlaufen, bis er nicht mehr an sich halten konnte. „Es ist übervoll. Mehr geht nicht hinein!“. „So wie diese Tasse“ sagte Nan-in, „sind auch Sie voll mit ihren eigenen Meinungen und Spekulationen. Wie kann ich Ihnen Zen zeigen, bevor Sie Ihre Tasse geleert haben?“
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Eines Tages sagte ein Mann aus dem Volk zu Meister Ikkyu: „Meister, wollt ihr mir bitte einige Grundregeln der höchsten Weisheit aufschreiben? „Ikkyu griff sofort zum Pinsel und schrieb: ‚Achtsamkeit‘.
„Ist das alles?“ fragte der Mann. „Wollt ihr nicht noch etwas hinzufügen?“ Ikkyu schrieb daraufhin zweimal hintereinander: ‚Achtsamkeit. Achtsamkeit‘.
„Nun“, meinte der Mann ziemlich gereizt, „ich sehe wirklich nicht viel Tiefes oder Geistreiches in dem, was Ihr gerade geschrieben habt“.
Darauf hin schrieb Ikkyu das gleiche Wort dreimal hintereinander:
‚Achtsamkeit. Achtsamkeit. Achtsamkeit‘.
Halb verärgert begehrte der Mann zu wissen: „Was bedeutet dieses Wort ‚Achtsamkeit‘ überhaupt?“
Und Ikkyu antwortete sanft: „Achtsamkeit bedeutet Achtsamkeit“
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|  17. November 2021